Projekt: Gedenkzeichen

Gedenkzeichen für aufgrund von Homosexualität Verfolgte in der Steiermark

 

Über das Projekt
Der steiermärkische Landtag hat 2022 der Einrichtung eines Gedenkzeichens für „aufgrund von Homosexualität Verfolgte“ zugestimmt. Das Projekt wurde dem Institut für Kunst im Öffentlichen Raum (KiÖR) übertragen. Der nächste Schritt zur Umsetzung ist ein steiermarkweiter partizipativer Prozess, in dem folgende Fragen diskutiert werden:

  • Um wen und um welchen Zeitraum soll es gehen? (z. B. strafrechtlich Verfolgte oder von Diskriminierung Betroffene, NS-Zeit/gesamte Dauer der Kriminalisierung oder uneingeschränkt)
  • Welche Begriffe sollen verwendet werden? (homosexuell, les_bi_schwul, LGBT+/LGBTIQA+, queer ...)

Historischer Hintergrund

Homosexualität war in Österreich durchgehend von 1918 bis 1971 strafbar; in der Ersten Republik, im Austrofaschismus, Nationalsozialismus, und in der Zweiten Republik. Sexuelle Beziehungen zwischen Personen gleichen Geschlechts wurden als „Unzucht wider die Natur“ mit schwerem Kerker bis zu fünf Jahren bestraft. Anders als z. B. in Deutschland galt das Gesetz auch für Frauen. Während der NS-Zeit wurden Verdächtige im Falle eines Schuldspruchs zu Gefängnisstrafen verurteilt. Manche wurden im Anschluss an die Verbüßung der Strafe in Konzentrationslager gebracht. Im Deutschen Reich waren schätzungsweise 8.000 bis 15.000 Menschen aufgrund von Homosexualität im KZ, darunter waren weit über 100 aus Österreich. Im Vergleich zu anderen Opfergruppen, die aus anderen als aus rassistischen Gründen verfolgt wurden (z. B. Zeug*innen Jehovas), war ihre Überlebenswahrscheinlichkeit im KZ mit ca. 40 % gering. Der Anteil von Frauen bei den Verfolgten lag bei ca. 3 %. Diese wurden zumeist durch Denunziation verhaftet und verurteilt, während Männer aktiv ausgeforscht wurden. Aufgrund von Homosexualität Verfolgte wurden lange Zeit nicht als NS-Opfer anerkannt. Noch jahrzehntelang wurden Menschen aktiv ausgeforscht, angeklagt und für „Unzucht wider die Natur“ bestraft. Durch die sogenannte „Kleine Strafrechtsreform“ 1971 wurde das allgemeine Verbot homosexueller Handlungen aufgehoben, jedoch neue Tatbestände eingeführt (§ 209, § 210, § 220, § 221), die Homosexuelle weiterhin juristisch diskriminierten. Diese Paragrafen wurden zwischen 1989 und 2002 schrittweise aufgehoben.

Aktuelle Rahmenbedingungen

Ende 2023 wurde ein Gesetz zur Entschädigung beschlossen. Ab Februar 2024 sind rückwirkend alle Verurteilungen aufgrund von Homosexualität nichtig. Alle Verfolgten (Menschen, die angeklagt, in Polizeihaft oder U-Haft genommen wurden) haben Anspruch auf Entschädigung. Das betrifft geschätzt 11.000 potentiell geschädigte Personen, die noch am Leben sein dürften. Sie werden nicht ausgeforscht und aktiv kontaktiert, sondern müssen sich melden, um eine Entschädigung zu bekommen. Diese Regelung dient dem Schutz der Betroffenen, um selbst entscheiden zu können (Stand Dezember 2023).
In der Erinnerungs- und Gedenkkultur – sowohl in Österreich als auch international – erhält diese Verfolgtengruppe erst seit kurzem Aufmerksamkeit. Derzeit gibt es in Graz sieben Stolpersteine für homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus.
2021 erschien die Publikation „Queere Verfolgungsgeschichte und intersektionales Gedenken in der Steiermark“, 2022 fand das Symposium „gemeinsam*gedenken. Intersektionale Gedenk- und Erinnerungsarbeit“ mit dem Fokus auf Queere Gedenkarbeit in Graz statt.
Wie eingangs beschrieben, soll nun ein Gedenkzeichen für aufgrund von Homosexualität Verfolgte in der Steiermark entstehen.

Wir freuen uns, im Frühjahr 2024 mit Expert*innen aus verschiedenen Bereichen die o.g. Fragen zu diskutieren.
Die Präsentation der Ergebnisse ist für Herbst 2024 geplant. Diese werden die Grundlage für eine Empfehlung hinsichtlich der Umsetzung an das KiÖR bilden.

Projektteam: Eva Eli Taxacher, Gundi Jungmeier
Kontakt: office@evataxacher.at

 

Quellen:

https://orf.at/stories/3339652, 13.11.2023
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2023_I_152/BGBLA_2023_I_152.pdfsig, 22.12.2023
https://www.stolpersteine-graz.at/stolpersteine/
https://www.wirmachenkultur.at/buch/gemeinsam-gedenken/
https://gemeinsam-gedenken.granatapfel.ws/symposion/